Kategorien
Testberichte

Smart EQ fortwo, Geely und der weitere Weg

Ende 2021 noch einen Artikel über Smart? Der 453 wird seit 2017 gebaut und bekam 2020 eine Mopf um im Daimlersprachgebrauch zu bleiben. Der Grund dafür ist recht simpel: Ich habe mir einen Smart EQ fortwo bestellt. Dabei sprach erst mal wenig dafür: 4,6 kW-Bordlader, Optional auf 22 kW „upgradeable“ für 990 EUR, 17,6 kWh Batterie, durchschnittliche Reichweite von 80-120 km – je nach Witterungsbedingungen und Fahrweise, als i-Tüpfelchen kein CCS-Stecker und damit auch keine DC-Fastcharger – was insbesondere in Autobahnnähe immer mehr zum Standard wird. Als jemand der sich mit Elektromobilität beschäftigt, klingen die Specs auf dem Papier nicht sonderlich überzeugend, insbesondere wenn man sieht was beispielsweise Hyundai mit dem Ioniq 5 mittlerweile auf die Räder stellt.

Warum also dann trotzdem? Nun, wie so oft, ist die Summe mehr als ihre Teile – im Falle des Smart EQ fortwo gilt das besonders: Das Konzept des kompakten, kompromisslosen Zweisitzers hat nichts von seinem Reiz eingebüßt. Die elektrische Basis ist solide, französische Hausmannskost aus dem Jahr 2017 – bedeutet aber auch: Der fremderregte Synchronmotor mit 60kW ist ziemlich robust und ausgereift. Mit Prämien und Herstellerrabatt dazu verdammt günstig.

Die Zukunft von smart sieht insbesondere mit dem Einstieg Geelys wieder recht freundlich aus, Daimler wird sich weiterhin um das Design und die User Experience kümmern, während die technische Basis und spätere Produktion nun von Geely kommt, die durchaus bewiesen haben, dass sie spitz kalkulierte State-of-Art Systembaukästen zusammenschrauben können und ihren Töchtern (hallo Volvo, hallo Polestar) weitreichende Freiheiten lassen. Design ist, insbesondere wenn man es mit den Mitbewerbern Nio und Xpeng vergleicht, noch die Achillesferse von Geelys eigenen Produkten: Aber das ist natürlich Geschmackssache und nur meine Einschätzung. Mit Gorden Wagener dürfte aber auch weiterhin die Daimler-Note bei Smart zu erschnuppern sein.

Für mich war das Gesamtpaket des EQ fortwo stimmig genug und passt genau in den dafür vorgesehenen Usecase: 11 kW-Wallbox vorhanden, 22 kW-Ladesäulen sowohl daheim in der Nähe wie auch in den potenziellen Pendelgebieten, die max. Strecke sind 40 km bzw. 80 km hin und zurück, was der kleine Smart auch bei winterlichen Temperaturen bewerkstelligen sollte, zumal auch dort ein 22-kW AC-Ladepark von EnBW direkt vor der Haustür steht. Der fortwo ist weit davon entfernt ein perfektes Auto zu sein, aber andererseits macht ihn das auch zu einem unverwechselbaren Charakter, mit dessen Eigenheiten man sich entweder arrangiert oder eben nicht. Und von den hard facts einmal abgesehen: Der fortwo macht einfach Spaß.

Design

Die Baureihe 453 läuft seit 2014 vom Band und wurde zwischenzeitlich noch mal aufgefrischt. In der Summe ist es weiterhin ein kantiger und würfeliger Look, aber die dritte Generation kommt gereifter und bulliger daher. Den 453 als Elektroversion kennzeichnet die typische EQ-Badge, wie wir sie auch von Daimler und Geely kennen. Ansonsten sind die Unterschiede erst ab der Modellpflege signifikant: Die Front ist geschlossener, statt dem typischen Smart Logo ziert die Motorhaube nun der Schriftzug, weiterhin gibt es die zweigeteilte und pfiffige Rückklappe und serienmäßige Tageslicht-LEDs runden den Gesamteindruck ab.

Technik

Die E-Maschine stammt von Renault: 60 kW (81 PS) leistet das kleine Paket und motorisiert den Smart ausreichend flott. 160 Newtonmeter, die EV-typisch sofort anliegen, katapultieren den 453 allerdings recht beachtlich von 0 auf 50 km/h. Höchstgeschwindigkeit sind laut Angabe 130 km/h und Tacho 140 km/h – da fühlt sich der fortwo allerdings sichtlich unwohl, der kurze Radstand, die doch beachtliche Höhe und die satten Zuwächse im Verbrauch: 100 bis max. 110 km/h sind das Reisetempo in dem sich alles noch entspannt anfühlt. Der Akku wird von Daimlers Tochte Accumotive in Sachsen gebaut und besteht aus 96 Zellen von LG Chem. 22 kW-AC-Lader gibt es aufpreispflichtig, standardmäßig sind es 4,6 kW. Das Fahrwerk federt straff, aber nicht unkomfortabel, dazu eine direkte und mitunter knackige Lenkung: Gefällt!

Interieur

Im inneren merkt man die Zusammenarbeit mit Renault an, es fühlt sich alles ein wenig nach „createur d’automobile“ und weniger nach „Das beste oder nichts“ an. Das meine ich nicht negativ, das innere kommt durchaus hochwertig aber weitesgehend pragmatisch daher, alles funktioniert und ist gut erreichbar. Nichts knarzt und erscheint unsinnig: Bis auf den Seitenspiegel-Verstellmechanismus, der in der Seitentür derart weit unten angesiedelt ist, dass man ihn regelmäßig mit dem Bein touchiert und den Seitenspiegel verstellt. Ein- und Ausstieg sind gut möglich, die Türen sind Coupéhaft groß, was den guten Einstieg ermöglicht, in engen Parkplatzsituationen aber ggf. hinderlich ist. Das Touchdisplay-Modul ist ein bisschen fummelig und man merkt ihm den Zahn der Zeit an: Mit einem modernen MBUX Marke Daimler oder gar Hyundais Ioniq UX ist es nicht zu vergleichen.

Preis

Los geht’s bei 21.940 EUR. Da hat der Smart schon alles wichtige an Bord: Elektrische Fensterheber, Tempomat, Radio, Bluetooth, Freisprecheinrichtung, Notbrems- und Seitenwind-Assistent, Eco-Modus, isoFix-Beifahrersitz mit Durchladefunktion, Klimaautomatik, Zentralverrieglung: Die Zubehörliste ist lang und nach diversen Ausstattungslinien und Paketen gestaffelt, die einem den Zugriff auf weiteres Zubehör ermöglichen. So gibt es beispielsweise für die Basisausstattung keine Voll-LED-Scheinwerfer, diese gibt es erst ab dem Exclusive-Paket, was wiederum mindestens die Ausstattungslinie Passion benötigt. Einmal durch die Zubehörliste geklickt mit ein paar feinen Dingen katapultiert den EQ fortwo auf 27.000 EUR. Zieht man vom Basispreis die Förderung in Höhe von 9000 EUR ab, landet man allerdings bei 12.940 EUR. Und dafür bekommt man einen vollelektrifizierten Flitzer, was absolut in Ordnung geht.

Technische Daten

smart EQ fortwo
MotortypSynchronmotor (fremderregt)
AntriebHeckantrieb
v/max. 130 km/h
max. Batteriekapazität17,6 kWh
max. Drehmoment160 Nm
Verbrauch (WLTP)14,0 kWh/100 km
Reichweite (NEFZ)159 km
max. Ladeleistung AC22 kW
Steckertyp ACTyp 2
Kofferraumvolumen260 bis 350 Liter
Batteriegarantie8 Jahre / 100.000 km

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert